Vom Labor in die Praxis: Nach intensiver Zusammenarbeit des im niederländischen Ruurlo ansässigen Unternehmens Bronkhorst mit der Universität Twente ist ein neuer Sensor für die Erfassung kleinster Durchflussmengen auf dem Weg zur Marktreife. Der Prototyp ist bereit für erste Einsätze in Unternehmen.
Unternehmen zum Praxistest eingeladen
Das Besondere an diesem Durchflusssensor ist die Anwendung des Coriolis-Prinzips für die Messung kleinster Durchflussmengen. Dieses von Temperatur, Druck, Durchflussprofil und Flüssigkeitseigenschaften unabhängige Prinzip wird hauptsächlich für die Messung großer Durchflussraten von mehr als einem Kilo pro Stunde eingesetzt. Dank einer Kombination mit der MEMS-Technologie kann das Coriolis-Prinzip nun auch in der Mikrofluidik eingesetzt werden – gemessen werden Gramm und Milligramm pro Stunde.
Rohrwände
MEMS steht für Micro Electro Mechanical System; die dahinterliegende Technologie ist vergleichbar mit der von Halbleitern, wird jedoch nicht für Elektronik-Chips, sondern Sensoren und kleinste mechanische Bauteile verwendet. „Basierend auf dieser Technologie haben wir gemeinsam mit der Universität Twente einen Prozess entwickelt, den wir ‚Surface Channel Technology‘ nennen. Dies ermöglicht uns die Herstellung von Rohren oder vielmehr Röhrchen aus Siliziumnitrid, deren Wände nur einen Micrometer dick sind. So können die relativ schwachen Coriolis-Kräfte trotz der äußerst niedrigen Durchflussraten erfasst werden. Dies wäre beim herkömmlich verwendeten Material Edelstahl nicht möglich gewesen“, erklärt MEMS-Produktmanager Dion Oudejans.
TOP-HIGHTECH NACHBARN: BRONKHORST
Der Prototyp kommt einer Versinnbildlichung des Spezialgebiets von Bronkhorst gleich. Denn dieses bezieht sich auf „Low flow fluidics handling technology“. „Low flow“ unterstreicht die Ausrichtung der Mess- und Regelinstrumente auf geringere Durchflussmengen, „fluidics handling“ das umfassende Messen von Durchfluss, Druck, Dichte, Viskosität und Temperatur und „technology“ die zusätzliche Ausrichtung des Unternehmens auf Komplettlösungen. „Das Produkt an sich ist zwar keine Komplettlösung, kann aber tatsächlich für die verschiedensten Medien eingesetzt werden. Und das ohne den Sensor für jedes spezifische Fluid kalibrieren zu müssen, wie es bei herkömmlichen MEMS-Durchflusssensoren der Fall ist“, beschreibt Oudejans einen entscheidenden Vorteil.
In die Praxis
Der Stand der Dinge: „Nachdem wir über einen langen Zeitraum mit der entsprechenden Fachgruppe der UT zusammengearbeitet haben, sind wir nun dazu bereit, erste Versuche in der Praxis zu starten.“ Das niederländische Unternehmen stellt den Sensor Interessenten kostenlos für ein Jahr zur Verfügung. Produktmanager Oudejans über das Vorgehen: „Unternehmen, die sich für den Einsatz unseres Sensors interessieren, können uns unverbindlich kontaktieren. Gemeinsam beurteilen wir dann, ob der Einsatz des Instruments für den gewünschten Zweck sinnvoll ist. In dem Test-Jahr begleiten wir Unternehmen und Sensor, um für den Kunden die bestmögliche Anwendung des Systems zu erzielen sowie für uns weitere Erkenntnisse für eine zukünftige Markteinführung zu gewinnen.“
Mögliche Einsatzgebiete sind Branchen wie Life Science, Chemie, Nahrungsmittel, Labore, Krankenhäuser und Universitäten; spezifischer handelt es sich beispielsweise um Technologien wie Lab-on-a-Chip, medizinische Dosiersysteme, Organ-on-a-Chip, chemische Mikroreaktoren sowie die Pumpen- und Durchflussmesser-Kalibrierung. So vielfältig wie die Anwendungsgebiete sind auch die Funktionen, die schon bei der ersten Generation über die Messung der Durchflussmenge hinausgehen. Bereits jetzt können zusätzlich Dichte und Temperatur gemessen werden; zukünftig können weitere Parameter wie Druck und Viskosität hinzukommen.
Miteinander Lösungen finden
Der Sensor gehört als Durchflussmessgerät zum Kerngeschäft des Familienunternehmens. Weitere Produktgruppen sind Durchflussregler und -Steuerelektronik. Wie am Beispiel des aktuellen Prototypens zu sehen ist, entwickelt Bronkhorst die Instrumente, montiert und kalibriert sie. Nur die Metallbearbeitung und die Platinenbestückung übernehmen zuverlässige Partner. Miteinander Lösungen finden – das zählt dabei zu den Leitmotiven. Daher bezieht das niederländische Unternehmen oftmals frühzeitig Kunden mit ein und entwickelt mit ihnen das richtige Produkt und die maßgeschneiderte Lösung. Diese Phase hat für den Mikro-Sensor nun begonnen. „Am Ende kommt es natürlich auf eine hohe Qualität des Produktes an und dafür sind wir bereit, in Zeit und Erfahrungen zu investieren“, erklärt Oudejans.
Das Unternehmen selbst verfügt über eine 35-jährige Erfahrung, ist innovativ und betont auch sein Verantwortungsbewusstsein. „Wir haben eine Verantwortung gegenüber den Kunden, den Mitarbeitern und dem Standort“, erläutert Oudejans. So setzt das Unternehmen beispielsweise auf Zulieferer aus der Region, wenn sich die Möglichkeit bietet und die Qualität stimmt. Neben aller regionalen Verbundenheit scheut das Unternehmen sich jedoch nicht davor, seine Lösungen außerhalb der Niederlande bekannt zu machen – Niederlassungen und Vertretungen sind weltweit zu finden. Dabei zählt Deutschland zu den wichtigsten und interessantesten Märkten.