„In 20 Jahren muss jeder doppelt so produktiv sein“

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BOOST navigiert ostniederländische Unternehmen in Richtung Smart Industry

Das Smart-Industry-Netzwerk BOOST wird immer stärker zum Beschleuniger und Navigator für intelligente und saubere Industrie in den Ostniederlanden. Es hilft Produktionsunternehmen, den dringend nötigen Wandel einzuleiten, um in der nahen Zukunft sowohl im eigenen Land als auch weit über seine Grenzen hinaus konkurrenzfähig sein zu können.

  • Smart-Industry-Netzwerk BOOST stimuliert Unternehmen, den Wandel zum intelligenteren und sauberen Produzieren einzuleiten.
  • Es gibt eine Führungsgruppe von sehr unterschiedlichen Unternehmen, die die Agenda mitbestimmt.
  • Inzwischen sind in den Ostniederlanden viele Fieldlabs aktiv.
  • „Manche Unternehmen kommen mit kompletten Plänen und Strategiepapieren für die Zukunft, andere machen einen ersten kleinen Schritt.“

„Wissen Sie, worum es geht?“, fragt Piet Mosterd, Geschäftsführer von AWL in Harderwijk, einem Lieferanten intelligenter Lösungen im Bereich der High-End-Automatisierung, Robotisierung und Verbindungstechnologien. „In zwanzig Jahren muss jeder Erwerbstätige in den Niederlanden doppelt so produktiv sein, wenn wir unseren heutigen Lebensstandard beibehalten wollen.“ Das ist eine klare Ansage. Und um die Produktivität zu steigern, muss noch viel geschehen. „Es gibt Unternehmer in der Industrie, die wirklich entscheidende Schritte gemacht haben“, findet Mosterd.

Gemeinsam mit fünf Unternehmerkollegen, dem Lieferanten erstklassiger Durchflussmesser und -regler Bronkhorst High-Tech, dem Hersteller behindertengerechter Fahrräder Van Raam, der Forschungseinrichtung IJssel Technologie, dem Hersteller von Streu- und Fegemaschinen Aebi Schmidt und dem Highend-Technologielieferant Demcon bildet AWL die sogenannte Führungsgruppe des Smart-Industry-Netzwerkes BOOST. Sie bildet eine Wissens- und Inspirationsquelle für andere Unternehmer in den Ostniederlanden.

Beschleunigen

Es sei ein faszinierender Club, meint Piet Mosterd: „Die Unternehmen innerhalb der Führungsgruppe sind sehr unterschiedlich, jedes hat seine eigenen Märkte und Interessensgebiete. Uns allen gemeinsam ist jedoch der Wunsch, einen Beitrag zu einer innovativeren Fertigungsindustrie in den Ostniederlanden zu leisten. Wir können auch benennen, was unserer Meinung nach die Schwerpunkte auf der BOOST-Agenda sein müssen.“

Themen gebe es genug, sagt Mosterd. Intelligentes Entwerfen, Produzieren und Robotisieren natürlich, aber beispielsweise auch Internationalität. „Niederländische Unternehmen liefern Qualität und können sich problemlos auf dem Exportmarkt behaupten. Ich möchte kleine Unternehmen ermutigen, das auch tatsächlich anzugehen.“ Er hat selbst ein Programm ins Leben gerufen, in dem fünf ausgewählte Unternehmen aus den Ostniederlanden individuell auf ihrem Weg zu gewünschten Kunden in Deutschland begleitet werden. Im Bereich der Robotisierung ergriff AWL-Techniek bereits vor ein paar Jahren die Initiative zum Aufbau des Fieldlabs Industrielle Robotik. Es verfügt über alle Einrichtungen für Ausbildungen im Bereich Robotik. „Wir wollen unser Wissen dem Markt zur Verfügung stellen. So ein Fieldlab ist natürlich nicht die Antwort auf alles, weckt aber durchaus das Bewusstsein bei Unternehmen dafür, was mit Robotern möglich ist.“ Das Fieldlab ist die Praxislehrstätte u.a. für die Berufsausbildungen Roboterkoordinator, Roboterprogrammierer und Roboteringenieur, die derzeit gemeinsam mit den niederländischen Fachschul- und Fachhochschuleinrichtungen Landstede, Deltion und Windesheim entwickelt werden. Die ersten Pilotprojekte werden jetzt auf Fachschulebene angeboten.

Piet Mosterd ist ständig in der Region aktiv. So ist er beispielsweise im geschäftsführenden Vorstand von RCT Gelderland vertreten. „Es ist wichtig, sich ab und zu zusammenzusetzen und sich über den aktuellen Stand der Aktivitäten auszutauschen. Wir müssen uns abstimmen und ich möchte außerdem, dass die Veränderungen schneller vorankommen.“

One-Stop-Shop

Es tut sich viel in den niederländischen Provinzen Overijssel und Gelderland, zumindest für den, der einen Blick dafür hat. Das Smart-Industry-Netzwerk BOOST ist der große Beschleuniger und Navigator, wenn es um Digitalisierung, Automatisierung, neue Technologien, künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen, Deep Learning und weitere aktuelle Themen geht. BOOST ist die regionale Aktionsagenda für Smart Industry in den Ostniederlanden. Der One-Stop-Shop teilt Wissen und organisiert alles Mögliche, um die Fertigungsindustrie in ihrem digitalen Optimierungskampf zu unterstützen. Die Niederlande haben fünf regionale Hubs, die sowohl mit dem nationalen Programmbüro Smart Industry als auch untereinander zusammenarbeiten. BOOST ist seit Kurzem offiziell der Smart-Industry-Hub für die Ostniederlande.

„In den Ostniederlanden gibt es überdurchschnittlich viel Fertigungsindustrie“, sagt Eddy van Hijum, der für das Ressort Wirtschaft zuständige Deputierte der Provinz Overijssel. „Seit jeher sind Gelderland und Overijssel richtige Industrieprovinzen. Und in der Fertigungsindustrie laufen gerade unglaublich große Entwicklungen. Es ist sehr wichtig, dass sich Unternehmen daran orientieren. Zweifellos wird es die Unternehmen und ihre Mitarbeiter in Zukunft tangieren.“ Van Hijum kennt sich bestens aus: Er besucht regelmäßig Unternehmen und kommt oft stolz wieder heraus, stolz auf das, was er dort gesehen hat. Die Provinzen haben viele KMU, häufig sind das Familienunternehmen. „Da sind prächtige Spitzenreiter dazwischen, aber auch Unternehmen, die zurückhaltend oder sich noch zu wenig darüber im Klaren sind, dass die Industrie sich tatsächlich verändert. Als die niederländische Smart-Industry-Agenda entstand, wollten wir deshalb sofort eine regionale Übersetzung, eine regionale Vorgehensweise, um das große Mittelfeld zu erreichen.“

Botschafter

Van Hijum blickt zufrieden auf die vielen Fieldlabs, die in den vergangenen Jahren in den Ostniederlanden entstanden sind: Praxisumfelder, in denen Unternehmen und Forschungseinrichtungen gemeinsam Smart-Industry-Lösungen entwickeln, testen und implementieren, wobei einige Fieldlabs nationale Funktion haben. Jetzt blickt er neugierig auf das neue Perron038 in Zwolle, wo sich Ausbildungsbereich und Wirtschaft zusammen mit Innovationsprojekten beschäftigen sollen. „Wir müssen gerade auch die Verbindung zur Ausbildung herstellen. Wenn sich die Produktionsprozesse und Geschäftsmodelle der Unternehmen umfassend verändern, macht das auch Änderungen bei den Ausbildungsprogrammen erforderlich. Ich sehe immer häufiger enge Zusammenarbeit zwischen Ausbildung und Unternehmen: Das Fieldlab Industrierobotik ist ein gelungenes Beispiel dafür. Kompetenzprofile können sich so auf die sich verändernde Nachfrage der Wirtschaft einstellen.“

Cyberzentrum

BOOST läuft jetzt drei Jahre und Eddy van Hijum beobachtet zweifellos Verschiebungen. „Die Führungsgruppe aus namhaften Unternehmen übernimmt eine wichtige Botschafterrolle. Unternehmen nutzen das Angebot intensiv: Ob es nun um die Veranstaltungen geht oder die Scans des Produktionsprozesses, den Einsatz von Wissensgutscheinen oder die Benutzung der gemeinsamen Laboreinrichtungen.“ Unternehmen könnten sich am besten gegenseitig inspirieren, betont er. Forschungseinrichtungen können unterstützen und helfen. „Die Mitarbeiter des Fraunhofer-Ablegers an der Universität Twente ziehen beispielsweise durch die Provinzen, um Unternehmen wachzurütteln und ihnen konkrete Veränderungsvorschläge anzubieten. Das funktioniert.“

Van Hijum findet, dass im letzten Jahr mit der durch das Wirtschaftsministerium unterstützten Gründung des Cybersecurity Centrum voor de Maakindustrie, dem Cybersicherheitszentrum für die Fertigungsindustrie, ein wichtiger Schritt gemacht worden sei. Das soll die niederländische Fertigungsindustrie digital wehrhafter machen. „Es ist eine Art Notrufnummer, die Hilfe und Unterstützung bei Cyberangelegenheiten bietet. Das Zentrum ist in der Folge konkreter Hackerangriffe entstanden, bei denen Unternehmen erpresst wurden. Es soll sich um Prävention und Sensibilisierung kümmern, und es bietet Hilfe an, wenn doch etwas schiefgelaufen ist.“

Dringlichkeit

Smart Industry müsse nach Van Hijums Auffassung ein wichtiger Schwerpunkt der Ostniederlande bleiben. Die Transformation der Industrie bedarf eines langen Atems. „Der Digitalisierung wird national zwar Aufmerksamkeit entgegengebracht, aber ich bleibe dabei: Die Niederlande stecken verhältnismäßig wenig Geld in Smart-Industry-Programme. Das gilt auf jeden Fall, wenn man es in Relation zu anderen Industrieländern wie Deutschland, Frankreich, den USA oder China sieht.“ Die pumpen Milliarden in die Erneuerung ihrer Industrie. „Bei uns ist die Unterstützung sehr von der Finanzierung durch die Provinzen und europäische Fonds abhängig. Ich erlebe unzureichende Dringlichkeit von Seiten des Staates, um der Politik wirklich Stärke zu verleihen, das gilt sowohl für die Unternehmen als auch die Ausbildung. Wir haben den nationalen Technologiepakt Smart & Sustainable, um mehr Jugendliche für Technik zu interessieren, aber das Interesse der Ministerien scheint nachzulassen, jetzt, da die Techniksparte nicht mehr der einzige Bereich mit Personalmangel ist.“

Toppriorität

Auch der für das Ressort Wirtschaft, Innovation und Europa zuständige Deputierte der Provinz Gelderland, Michiel Scheffer, bezeichnet die Industrie als sehr wichtigen Sektor der Ostniederlande: „Ich finde es schön, dass hier, sowohl einfache Arbeiter als auch Akademiker arbeiten. Die Industrie hat Antworten auf eine ganze Reihe von gesellschaftlichen Fragen: etwa Telebetreuung oder elektrisches Fahren. Ohne Industrie könnten wir nicht das Leben wie jetzt führen.“

Die Industrie müsste schon wesentlich länger für die ganzen Niederlande Toppriorität haben. „Die Niederlande haben jahrzehntelang keine Industriepolitik betrieben. Wir in Gelderland haben uns genauso wie Overijssel und Brabant dafür entschieden, das zu ändern. Das wird dem seit jeher starken Industriecharakter gerecht.“ Gelderland hat gerade ein Experiment beendet: das erste intelligente Ausschreibungsmanagement und saubere Fabriken. Die Provinz stellte sieben Unternehmern mit besonderen Plänen für ihre Fabriken jeweils 200.000 Euro zur Verfügung. „Zu unserer Überraschung meldeten sich beim ersten Mal sofort dreißig Unternehmen an. Die Hälfte präsentierte überzeugende Projekte, davon bekam wiederum die Hälfte Geld. Das zeigt, dass Leben drin ist. Unternehmer denken darüber nach, wie sie ihre Unternehmensprozesse so einrichten können, dass sie liefern, was der Markt fordert: Auf intelligente Weise produzieren und den eigenen Abfall wiederverwerten. Viele wollten etwas mit Sonnenkollektoren auf dem Dach machen. Die Gewinner arbeiten alle an Energie vom eigenen Terrain.“ Scheffer möchte sich dafür einsetzen, die Aktion in diesem Jahr zu wiederholen. „Wichtig ist auch hier, dass die Gewinner ihre Ergebnisse mit Kunden, Zuliefern, Mitunternehmern und Auszubildenden teilen müssen.“

Gelderland und Overijssel unternehmen viel über BOOST, um Unternehmen bewusst zu machen, was auf eine zukünftige, intelligente Industrie zukommt. „Manche kommen dann mit kompletten Plänen und Strategiepapieren für die Zukunft, andere machen einen ersten kleinen Schritt und finden dann selbst ihren Weg. Das ist prima so. Die Vorhut weiß sich selbst zu helfen. Wir konzentrieren uns auf das Mittelfeld, Leute, die gern wollen, aber nicht so richtig wissen wie und was.“


Lars de Groot, Businessunitmanager Industrial Systems & Vision bei Demcon: „Ich finde es sehr wichtig, dass wir als Unternehmer die erforderlichen Themen auf die Agenda von BOOST setzen können.“ Foto: Demcon

Erforderliche Themen auf der Agenda

Lars de Groot, BOOST-Führungsgruppenmitglied und Businessunitmanager Industrial Systems & Vision bei Demcon in Enschede hatte kürzlich noch ein Treffen mit anderen Mitgliedern der Führungsgruppe und Mitarbeitern der Provinzen. „Wir als großes Unternehmen wollen an einer starken Region mitarbeiten. Ich finde es auch sehr wichtig, dass wir als Unternehmer die erforderlichen Themen auf die Agenda von BOOST setzen können. Wir müssen in Zukunft intelligenter, besser organisiert sowie stark digitalisiert und automatisiert in unseren Fertigungsketten produzieren. Behörden und die Subventionsgeber müssen verstehen, womit Unternehmer zu kämpfen haben und wo sie Hilfe benötigen.“ Themen, die De Groot interessieren, sind beispielsweise Cybersicherheit, zirkuläre Geschäftsmodelle und Servitization. „Unternehmer müssen ernsthaft darüber nachdenken, was ihre Kunden in Zukunft benötigen. Viele Verbraucher verstehen Technik nicht mehr, wenn man ihnen aber Dienstleistungen zu verkaufen versteht – nicht die Salzstreumaschine, sondern die sauberen Straßen, wie das Unternehmen Aebi Schmidt sie anbietet – baut das Hürden ab. Man kreiert Geschäftsmodelle und kann weiter wachsen.“

BOOST mache schon den Unterschied, viele Unternehmen seien erreicht worden, betont De Groot. „Unternehmer, die auf der Suche sind, können auf gute Beispiele anderer Unternehmen zurückgreifen: Was hat ein bestimmter Schritt ergeben, welche Fallstricke gab es?“ Die Region müsse sich demnächst auch woanders präsentieren, findet Lars de Groot. Er nennt BOOST ein Sprungbrett, um die Stärke der Region ins rechte Licht zu rücken. „Wir sollten dafür sorgen, auch die nationale Agenda zu beeinflussen. Größere und intelligentere Dynamik, darum geht es uns.“

BOOST, die regionale Aktionsagenda für Smart Industry in den Ostniederlanden, hat einen Projektleiter: Robin Burghard. Zudem gibt es die Führungsgruppe bestehend aus sechs Unternehmen. Sie wird umgeben von einer Kerngruppe aus Interessenvertretern wie Oost NL, VNO-NCW Midden, Universität Twente, Hogeschool van Arnhem und Nijmegen, Radboud Universität, Fraunhofer sowie den Provinzen Gelderland und Overijssel und Windesheim, Saxion, FME, CIVON, VMO, Novel-T, Koninklijke Metaalunie, RCT Gelderland, Kennispoort regio Zwolle und Kamer van Koophandel.

Link Magazin: Digitalisierung erfordert grenzüberschreitende zusammenarbeit

BOOST hat Themenarbeitsgruppen: Zirkuläre Geschäftsmodelle, soziale Innovation, Cybersicherheit, regionale Einrichtungen (für die Fieldlabstruktur), intelligenter Produzieren, Internationalisierung, Kennenlernen & Erforschung (für die Kommunikation) und Smart Industry in Aktion (zur Übersicht (finanzieller) Instrumente).

BOOST-Netzwerk wächst:

2018 erzielte Ergebnisse

  • Zahl Fieldlabs und Cluster von 16 auf 22
  • Zahl der Arbeitsgruppen von 6 auf 7
  • Zahl der Partner von 22 auf 24
  • 232 Unternehmen mit einem Gutschein aktiviert
  • 9603 Teilnehmer an 434 Workshops, Gesprächen und Debatten
  • 7775 Teilnehmer an 75 Kongressen und Reisen
  • Regelmäßige Smart Cafés bei RCT Gelderland und BOOST
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